Gúnya

Don’t call me „Opa“!

von Danielle Over

Eigentlich sollte er nur als Pflegehund eine bessere Vermittlungschance in Deutschland bekommen, weil sich all die vielen Monate, in denen er schon bei mudi-in-not.de ein Zuhause suchte, überhaupt niemand für ihn interessierte. Gúnya ist ein sogenannter „Sopron-Mudi“ oder „S-Klasse-Mudi“ (mehr dazu hier) und stammt aus einer „Zucht“-Auflösung in Sopron, Ungarn, bei der im März 2006 über 200 Hunde beschlagnahmt wurden. Sämtliche Hunde wurden erst mal in Tierheimen untergebracht, Gúnya mit einigen anderen Mudis im Tierheim in Siófok. In der Nacht zum 25. Juli 2007 kamen er und sein Bruder Julius dann in Deutschland an und ich hab mir noch im Kofferraum einen der beiden ausgesucht. Gúnya war der schüchterne der beiden und ich kann mich noch gut dran erinnern, dass ich etwas enttäuscht war, weil niemand etwas davon gesagt hatte, dass er keine Rute hatte (nicht mal einen Stummel!). Na gut, hatte ich ja auch nicht direkt nach gefragt ….

Gúnya wurde dann zu den anderen Ungarn in den VW-Bus gestopft und zuhause wieder ausgepackt – und da gab’s dann eine kleine Überraschung als er wedelte – mit vollständiger Rute! Die hatte er so heftig eingeklemmt, dass man nicht mal was ahnen konnte! Prima 🙂

Die erste Zeit war ein wenig anstrengend, denn Gúnya hatte gar nichts von einem normalen Leben kennengelernt. Spaziergänge waren anfangs sehr, sehr stressig, denn jeder Mensch (mich eingeschlossen) machte ihm Angst und er ist oft erst einmal ziemlich kopflos geflüchtet, wenn ihm etwas nicht geheuer war und er sich erschreckt hat. Oft mußte ich ihn tragen, weil er Angst hatte, auf einem unbekannten Boden (Asphalt, Fliesen, Treppen …) zu laufen oder sich einfach fallen ließ und nicht mehr aufstehen wollte, wenn er mit einer Situation überfordert war. Das hat sich zum Glück in den nächsten Monaten gelegt und er wurde auch kaufhaustauglich. Was er von Anfang an nicht  konnte und auch bis heute knallhart beibehalten hat: das Alleinsein. Sobald ich den Raum verlasse, scheint er nur bis 10 zu zählen um dann ein monotones Dauergebell zu starten. Aber so einen Mudi kann man sich ja unter den Arm klemmen und fast überall mitnehmen 😉

Ganz von vorne anfangenWir hatten direkt mit Clickertraining angefangen und das er hat mit seinen 5 Jahren und dieser Vorgeschichte erstaunlich schnell für gut befunden! Mehr oder weniger zur Therapie und für sein Selbstbewußtsein haben wir auch mit Agility und Obedience angefangen und ich kann mich noch genau an unseren 1. Besuch auf dem Hundeplatz erinnern: Oh Schreck! Neue Umgebung, komischer Schotterboden, der sicher auch Hunde verschluckt, fremde Hunde, viele Menschen, aufgeregtes eigenes Rudel .... Es war erst einmal alles ganz schlimm! 2. Besuch: mhm …. aufregend, aber interessant! Wieso ist immer einer meiner Mitbewohner so aufgeregt, wenn Frauchen mit dem anderen so komisches Gehüpfe macht? Wodrum geht’s? 3. Besuch: PARTY! KAPELLE! Egal, wodrum ’s geht, ich bin dabei!

So, jetzt hatte ich ein Problem: eigentlich war dieser vermeintlich tatta-greisige, ruhige und verkorkste Mudi ja nur als „Mitläufer“ einkalkuliert und nicht als Hund, mit dem ich mich auch richtig viel beschäftigen wollte, aber je mehr er kennenlernte, desto mehr hat er an Beschäftigung eingefordert!

Ein gutes halbes Jahr nach seinem Einzug hat er dann auch den „Opa“ abgelegt und den Mudi in sich entdeckt und rausgelassen – seit dem rennt er laut bellend beim Ballspielen und anderen Gelegenheiten mit. Hundeplatzbesuche findet er heute noch so klasse, dass er im Auto schreit und tobt, wenn er nicht mit dabei sein darf.
Er lernt sehr schnell, stellt sich ab und zu allerdings mal doof, wenn ihm etwas nicht gefällt. Dummerweise wollte ich ihm mal ein klein bißchen Treiben an meinem Pony beibringen – das hat er nach 2 kurzen Übungsheiten leider so gut verstanden, dass er beim Anblick fremder Pferde kaum zu bremsen ist.

Das Leben ist schön!Er hat eine tolle Nase und liebt Fährten, er hat sogar gelernt mit dem Ball zu spielen und albern zu sein, er findet es unheimlich lustig mal eben doch noch schnell andere Hunde anzupöbeln während die beiden anderen schön am Wegrand sitzen bleiben. Im Wasser zu planschen gehört zu seinen Leidenschaften (Angler am Rhein ausrauben auch). Und Krähen scheuchen, Katzen jagen, Sonnen- und Schlammbäder, Extremecouching, Autofahrten, Rückenmassagen und liebe Menschen. Er schnarcht laut und rülpst wie ein Weltmeister, klaut Essbares, wo er nur kann – ein fast ganz normaler Hund also! Er ist einfach eine tolle Persönlichkeit und ich frage mich, wie er wohl wäre, wenn er gesund und unter optimalen Bedingungen hätte aufwachsen können, wenn er unter diesen Umständen schon so viel Entwicklungsmöglichkeiten gezeigt hat!
Inzwischen ist er mit 10 Jahren fast ganz blind, seine Ohrränder sind gefleddert, sein Gesicht vernarbt, seine Beine krumm, er hat Rücken, Prostata und ein bißchen Herz, hatte ein Bein gebrochen – aber all diese Nebensächlichkeiten tun seiner Vitalität und Lebensfreude keinen Abbruch. Und unserer Liebe auch nicht 😉
 

Steckbrief

Name: Szoborkerti-Mérges Gúnya
Geboren: 29.12.2001
Gestorben: 02.01.2016 🙁
Hobbys: dabei sein
Eigenschaften: anhänglich, unerzogen, charmant
mag am liebsten: Auto, Sofa, gutes Essen, Badespaß
mag nicht: alleine sein, zuviel Trubel, warten müssen
wohnt in: Köln
bei: Pufu, Bundi & Dani Over

Ein Kommentar

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert