Mit Éger kann man Pferde stehlen!
von Denise Neuhauser
Tja, wie kommt man zu einem Mudi?
Mein Mann und ich leb(t)en Jahrzehnte lang mit einem Dalmatiner-mehrere-Border-Collies–Papillon-Rudel. Sie funktionier(t)en ohne Leine, Stress und „auf Knopfdruck“ einfach traumhaft (na gut, wenn ich ehrlich bin, geht der Papillon zwar ohne Leine – aber nicht unbedingt dahin, wo ich will…).
Vor ca. 9 Jahren sah ich erstmals Fotos von einem Mudi. Seine schwarzen „Knopfaugen“ hinterliessen Spuren in meiner Seele… Ich wusste: irgendwann…
Da wir aber nicht mehr als drei Hunde gleichzeitig halten wollten, vergingen noch einige Jahre bis ich mich auf die Suche nach einem Mudi machte. Zuerst (von einer Bekannten darauf aufmerksam gemacht) stöberte ich in Mudi in Not. Dachte, die Zeit ist gekommen, wo ich einer verletzten Seele einen neuen Lebensplatz bieten könnte. Es sollte nicht sein.
Heute weiss ich auch warum: Weil Éger bereits auf mich wartete! Beim Durchforsten der ungarischen Homepages war da so ein Welpen- Foto mit diesen tiefgründigen schwarzen Augen… die mich nicht mehr los liessen. Als ich dann auf der Homepage von CSIBITIS Mudi Kennel den Satz las: „Ich möchte bewahren und weitergeben diese Perle unseres Erbes MUDI“ war ich mir ganz sicher, dass ich das schwarze Wollknäuel Namens Éger kennen lernen möchte. So habe ich mit Diana und Istvan Kontakt aufgenommen und schon bald darauf die Reise nach Ungarn angetreten um Éger live zu erleben. Der offene, ehrliche Empfang, die zutraulichen Hunde und der lebenslustige Welpe bestätigten mir das gute Gefühl am richtigen Ort zu sein. Tja, und so traten WIR die lange Heimreise zusammen an.
Éger war bereits 14 Wochen „alt“ als wir ihn abholten. Stubenrein und einfach offen für alles. Diana und Istvan, die Züchter, hatten ihn schon sehr gut aufs Leben vorbereitet. Das übertraf all unsere Erwartungen!
Da wir mit Mudi noch keine Erfahrungen hatten, wir aber all unsere Welpen vorbehaltslos ins Rudel aufnehmen, so nach dem Motto „unsere älteren Hunde werden das schon richten“, gingen wir sehr unbelastet in den Alltag. Éger war gerade mal eine Woche bei uns, da fand das Agility-Meeting von unserem Verein statt. So erlebte er schon, was es heisst im Wohnwagen zu leben und ganz viele Hunde und Menschen um sich zu haben. Alle wollten das Wollknäuel beschnuppern oder streicheln. Jetzt denkt Ihr sicher: „Oh der arme kleine Kerl, kaum angekommen und schon so viel Stress!“ Aber er meisterte das absolut souverän. Sein neues Rudel war ja immer um ihn. Es schien ihm sogar Spass zu machen, DIE Attraktion zu sein. Er kletterte sogar ganz alleine aufs Podest und sass da ganz stolz auf der Nummer 1. Früh übt sich 😉
Für uns neu aber sehr lustig ist seine „ammlerleidenschaft! Alles was nicht niet- und nagelfest war, „häufte“ er im Garten an. Kissen, Schuhe, Stofftiere … und setzte sich dann mitten in die Beute. Und wer räumt auf? Etwas weniger lustig fanden wir, nein wohl eher die, die uns entgegen kamen, das Nach-vorne-schiessen-und-verbellen“ von anderen Hunden. Eigentlich sind solche Scheinangriffe ganz normal und gehören nun mal zum Hundeleben, aber genau das interpretiert der „normale Hundebesitzer“ falsch und dieses Wissen kennen wohl nur WIR Mudibesitzer! Mein Aufklärungs-Programm „wie tickt ein Mudi“? trägt so seine Früchte, da auch unser „heimischer“ Appenzeller zu dieser Kategorie gehört. Seit wir den Leuten erklären: Mudi = ungarischer Appenzeller, versteht das jeder Schweizer! Schliesslich ist uns Tradition wichtig! Spass bei Seite, wir haben wirklich dran gearbeitet und er macht es nur noch ganz selten!
Noch was zur Bellfreudigkeit. Meine Nachbarin (besitzt einen Eurasier) kam von einem Hunde-Seminar und sagte mir, sie hätte gelernt (jetzt Achtung!): Bellfreudigkeit = viel Temperament. Das leuchte ihr ein, da ihr Hund ja kaum einen Mucks mache und darum sogar kein Temperament habe. Na ja Temperament haben ja unsere Mudis, vielleicht ist diese Interpretation doch nicht so falsch, hihi.
Mit Éger kann man „Pferde stehlen“ ohne dass man ihn zuerst vom Sinn oder Unsinn der Übung überzeugen muss. Meine Ziele mit Éger waren von Anfang an – nicht unbedingt Agility-Weltmeister zu werden, obwohl Agility seit 1989 unser Lebensinhalt war. Ich dachte eigentlich eher an die REDOG. Die ersten Versuche zeigten auch in diese Richtung. Bei einem Wochenend-Training im Trümmerhaufen, mitten auf einem schmalen Betonpfeiler (bestimmt 3 Meter ab Boden) wurde mir schlagartig bewusst, dass ICH nicht mehr schwindelfrei bin! Puff! Aus der Traum. Ist so gar nicht meine Art einfach aufzugeben, zumal ja Éger seine Sache sehr gut gemacht hatte, aber wenn ich meinem Hund keine verlässliche Stütze sein kann, geht das aus meiner Sicht nicht. So wurde er doch mehr in Agility gefördert. Er lernte sehr schnell und zuverlässig und hat es bis ins A3 geschafft. Aber mit seinen 45 cm Stockmass ist es schwer bei den Grossen mitzuhalten. Natürlich würde er alles für mich tun, aber nicht um jeden Preis. Ich habe mich immer (auch wenn es manchmal schwer viel) den Gegebenheiten meiner Hunde angepasst, weil mir die Gesundheit das wichtigste ist. Ich konnte noch jedem meiner Hunde-„Opas“ ohne Gewissensbisse in die Augen blicken und so wird es auch bleiben. Wir freuen uns über die Agility-Trainings, nur die Wettkämpfe sind weniger geworden.
Da ich oft in Wald und Feld für meine Hunde Fährten lege oder Spielzeug, Tannzapfen etc. in der Höhe verstecke – einfach aus Freude am Suchen und sie lernen so nebenbei auch nach oben „ zu sehen“ – merkte ich schon früh, dass auch Éger richtig talentiert in diesen Dingen ist. Nun ist die Zeit gekommen, wo ich das fördern möchte und meldete uns anfangs November 2012 an einen Mantrailing-Kurs an. Ja und das ist nun UNSERE neue grosse Leidenschaft! Meine Trainerin sagt, Éger sei ein richtiges Talent und bei mir wird’s auch noch ;-). Wir üben fleissig und im September 2013 gehen wir an ein 5-Tage-Seminar mit Jeff Schettler und seinen Instruktoren (FBI) aus den USA. Vielleicht führt uns dieser Weg ja doch noch zu REDOG. In der Zwischenzeit ist meine Mutter (80 J.) das „Parade-Übungsobjekt“ ;-)))
Übrigens trailen wir ab und zu mit Égers Schwester Estike zusammen. Die ist auch ganz schön clever. Wie wohl alle Mudis!!!
Ausstellungen sind eigentlich nicht so mein Ding. Trotzdem bin ich 2009, mehr einer alten Freundin zuliebe, an die Klubschau für Ausländische Hirtenhunde in Basel gegangen. Éger wurde Klubsieger und Best in Show (V1, CAC, BOB) – und ich Mitglied vom KAH ;-). Neugierig geworden, meldete ich ihn 2010 an der Internationalen Hundeausstellung in Fribourg an. Stundenlanges Warten um dann durch den Ring gehetzt zu werden?! Trotz super Bewertung (V1, CAC und CACIB) definitiv nicht meine Welt. 2011 wurde nochmals eine Klubschau in Basel durchgeführt. Als Titelverteidiger (ist es doch Ehrensache!) wollten wir daran teilzunehmen. Wieder V1, CAC und BOB. Diesmal schaffte es eine Kuvasz- Hündin, Best in Show zu werden.
Ich liebe ALLE meine Hunde – genau so wie sie eben sind. SIE lieben mich ja auch bedingungslos. Oder etwa doch nur, weil ich den Kühlschrank aufmachen kann?
Dass man sich mit Mudis „richtig unterhalten“, kann finde ich genial. So eine Vielfallt an Tönen um uns mitzuteilen, was sie wollen oder eben nicht, ist ganz speziell. Sehr lustig find ich Égers vielbedeutendes Backenaufblasen, wenn er nichts mehr „sagen“ darf.
Und NEIN, ein Leben ohne meinen „schwarzen Schatten“ kann ich mir nicht vorstellen! So weiss ich immer, dass die Sonne scheint 😉
Vielleicht noch ein Wort an alle noch-nicht-Mudi-Besitzer, die in diesen Seiten stöbern um sich über diese Rasse zu informieren: Wir Mudibesitzer geraten allzu leicht ins Schwärmen ob unserer Hunde, dabei kommt es auch vor, gewisse „rassentypischen Eigenschaften“ zu überhören oder -sehen. „Humor ist wenn man trotzdem lacht!“ Ist das auch dein Motto? Wenn ja, such dir schleunigst einen MUDI ;-)))
Steckbrief
Name: Csibiti Éger (hört auch auf „Zayed“, denn der Name wurde geändert weil: schwarz, krauses Haar und „der Schweizer“ bei der Aussprache N(é)ger versteht. Dieses Wort darf in der Schweiz nicht benutzt werden)
Geboren: 19.02.2008
Hobbys: sich fotografieren lassen (nimmst du eine Kamera in die Hand, „schmeisst“ er sich in Pose – Katzenjagen (nur solange sie auch wirklich wegrennen) – sammeln (Ball, Kong etc.) statt bringen – überall hoch klettern – Bergwanderungen (kann man „Munggen“ jagen) – im Liegestuhl faulenzen – Trailen – Agility
Eigenschaften: verschmust, er ist der Schosshund in der Familie, nicht der Papillon! – ein wahrer Charmeur, wickelt ALLE um den Finger. Auch fremde Leute oder gar solche, die eigentlich Angst vor Hunden haben
mag am liebsten: alles – Hauptsache er ist der Mittelpunkt – mein Schatten sein
mag nicht: alein sein, obwohl er nie alleine ist. Es sind ja noch Bogus, Sally, mein Mann oder die Oma da. Falls doch mal „nur“ mit Hunderudel, kann er durchaus mal was „auseinander“ nehmen, am liebsten etwas, was viele Spuren hinterlässt: wie Daunen Duves oder Kissen
wohnt in: in der Schweiz, im schönen Zürcher Oberland, die Ortschaft heisst Bäretswil
bei: Denise Neuhauser