Onko

Bachblüten statt Agility

von Renate Bauske

Am Anfang sollte es einfach ein Hund sein… Aber welcher nur? Wie den finden, der zu uns passt? Und welchen trauen wir uns zu als Hundeanfänger?

Es begann ein familiäres Zusammentragen von Eigenschaften und Vorstellungen, wie er denn so sein müsste, unser Planhund. Raus kam natürlich ein bisschen Lassie. Ich muss zugeben, die Variante des Tierheim- oder Nothundes stand zu allererst, war aber vom Tisch, als ich mich belesen hatte. Es erschien uns besser zu wissen, auf welche Rasseeigenschaften wir uns einstellen müssen und wollen. Nun ja, alles Theorie: Inzwischen hatten wir zwei Pflegehunde mit Vorgeschichte und die waren auf jeden Fall einfacher als unser Mudi vom Züchter.

Wir lasen also Bücher, studierten Hundeportale und blieben beim Mudi, den wir vorher nicht kannten, hängen. Er schien für uns perfekt zu sein: ein intelligenter, mittelgroßer, sportlicher, personenbezogener und in unseren Augen wirklich schöner Pelzpartner aus einer noch nicht überzüchteten Rasse.

Hundeerfahrung, die beim Mudi auf manchen Mudiseiten, angeraten wurde, hatten wir nicht, dachten aber, das mithilfe von Hundetrainern, Literatur und viel Zeit und Liebe hinzubekommen. Dass das dann doch nicht ganz so einfach war, gerade weil der Mudi so sensibel auf seine Umwelt reagiert, und es nicht leicht ist, einen Hundetrainer zu finden, der sich zumindest mit Treibhunden auskennt, mussten wir lernen.

Wir sahen uns nach Züchtern in unserer Nähe um, die es natürlich nicht gab; besuchten Dörtes Bolle in Putlitz, Frau Weininger und „the famous“ Tony in München, Barna und Masni in Theeßen und Gudrun Pfennig und ihre Mudis in Soest. Dort war für das nächste Jahr ein Wurf mit Csinos und Tony geplant. Wir bewarben uns für einen braunen Rüden und wurden gecastet.

klein OnkoEndlich war es soweit, der Wurf war da, der einzige Rüde natürlich nicht braun. Aber was machte das schon, wir waren überglücklich. Nach 5 Wochen konnten wir die Kleinen besuchen. Davor haben wir die Entwicklung der Welpis im Netz und über regen Email- und Telefonkontakt mit Gudrun verfolgen können. Sie bereitet die Kleinen wirklich mit großer Mühe und viel Liebe auf die Welt vor.

Ja und dann war es da, das Wesen vom Hundestern, und wir begannen alle zu lernen. Ich ging es lehrbucherfahren an und stieß schnell an Grenzen. Wir leben in einer großen Stadtwohnung und uns war klar, das Hütetier muss ausgelastet werden, wenn es sich nicht selbst bespaßen soll. Und genau darauf hatte ich mich ja gefreut. Außerdem musste der Kleine stadtfest werden.

Wir sorgten für Übungen aller Art, positive Hundebegegnungen, testeten Hundeschulen, nahmen Einzelstunden bei einer „Frau Rütter“. Aber irgendwie wurde der Kleine immer aufgedrehter, nervöser und die Reizschwelle lag sehr, sehr niedrig. Jogger, Fahrradfahrer, rennende Kinder wurden „schreiend“ verfolgt. Bei der Begegnung mit Pferden und Kühen hatte ich Mühe, ihn wieder ansprechbar zu bekommen. Mülltonnen, die verschoben wurden, eine Tüte auf dem Gehweg, Menschen, die etwas Großes trugen, oder einfach zu nahe kamen, wurden lautstark bebellt.Team Onko

Mit ca. acht Monaten versuchten wir es mit Agility in einem Magdeburger Verein. Kontrollierte Begegnungen mit netten Hunden und einer Sportart, die Onkos Bewegungsdrang entgegenkam. Das sollte es sein. Nach anfänglichem Spaß ging die Sache nach hinten los. Onko machte nicht mehr richtig mit, war eindeutig gestresst und frustriert, was er mit Dauerkläffen untermalte. Die „guten“ Ratschläge von allen Seiten fruchteten auch nicht wirklich und waren zum Teil haarsträubend.

Nach einem Angriff durch ein schwergewichtiges Team auf einem Spaziergang wollte er auch nur noch Abstand zu anderen Hunden, und zwar über nach vorn stürmendes Gebell, auch wenn „der Feind“ mindestens 300 m entfernt war und sich überhaupt nicht für Onko interessierte. Mittlerweile war Onko ein Jahr und unsere beiderseitige Verunsicherung riesig. Das gipfelt darin, dass eine Tierheilpraktikerin, bei der ich mit ihm zur Behandlung einer Warze war, mich fragte, ob ich den Hund aus dem Tierschutz hätte. Sie empfahl mir, den Hundeplatz zu lassen, dem Hund Ruhe zu geben und eine Bachblütetheraphie.

Kurz  zuvor hatte ich auf der Suche nach einem geeigneten Hundesport eine Hundetrainerin kennengelernt, die, was für ein Glück, zwei Treibhunde (Cattle Dogs) hat und zum ersten Mal fühlte ich mich nicht wie die Blöde, die mit ihrem unerzogenen Köter nicht zurechtkommt. Sie riet mir strikt, Druck von dem Hund zu nehmen. Alle Aktivitäten zu reduzieren und Langsamkeit zu lernen. Mit ihrer Hilfe ging es langsam aufwärts. Ich lernte, Onkos Signale rechtzeitig zu lesen, Verhalten umzulenken.

Kuschelonko

Mittlerweile sind wir ein gutes Team geworden. Wir haben wirklich sehr viel geschafft. Jogger und Fahrradfahrer würde er gern…, aber er tut es nicht, sondern sieht zu mir: Mach ich das nicht gut? Pferde sind ihm zwar unheimlich und wenn auf der Koppel galoppiert wird, atmet er schon durch oder bellt kurz an, aber er sieht zu mir, um sich zu vergewissern, dass es in Ordnung ist. Straßenbahn, Kaufhaus und Restaurant sind kein Problem, man kann ihn eigentlich überall mitnehmen.

Wir üben Treibball und haben einen Obediencekurs begonnen und bei beidem macht er sich recht gut. Er ist nach wie vor laut, aber sobald er arbeitet, sich konzentriert, ist Ruhe. Ja, weniger Gebell und Gepose wären schön; wir arbeiten mehr oder weniger erfolgreich dran.

Würden wir uns wieder so entscheiden? Aber ja, Onko ist so ein liebenswertes, pfiffiges Kerlchen und wenn er mich so aufmerksam ansieht, einfach nur neben mir liegt oder mit Riesengetöse so tut, als würde er mich auffressen, wenn ich ihm sein Seil wegnehme, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen, dass mich sein frustiges Gekläff fast wahnsinnig machen kann.


Steckbrief

Name: Domonkos von der Osthofer Blickke („Onko“)
Geboren: 23.05.2010
Hobbys: Treibball, Obedience
Eigenschaften: pfiffig, kuschelig, katzenartig, laut, kontrollsüchtig
mag am liebsten: unsere Katzen hüten, Mäuseln, Rehe jagen
mag nicht: schwimmen, Tierarztbesuche
wohnt in: Magdeburg
bei: Renate Bauske



 

Ein Kommentar

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert