Die Sache mit dem kleinen Hund
von Bärbel Grothaus
Ich habe nie ernsthaft darüber nachgedacht, mir einen Mudi an zu schaffen. Hunde unter 60 cm Schulterhöhe entsprechen nicht wirklich meinem Beuteschema.
Vor ziemlich genau 4 Jahren wurde ich von einer Bekannten angesprochen, die einen „Pflegefall“ aus Ungarn übernommen hatte, für den sie eine dauerhafte Unterbringung suchte. Sie war der Meinung, dass dieser Hund einen prima Zweithund zu meiner Tervueren Hündin Tequila abgeben würde. Diese Meinung teilte ich nicht.
Irgendwann ging es dann auch „nur“ noch um eine Ferienbetreuung von einer Woche. Das wiederum war natürlich kein Thema, also kam Winnie im September 2009 für eine Woche zu uns – und ist geblieben.
Spätestens, als dieser scheue, verängstigte Hund sich während eines Rheinspaziergangs vor meine Füße fallen ließ um sich den Bauch kraulen zu lassen, war es um mich geschehen! Ich hatte zu diesem Zeitpunkt wirklich noch keine Ahnung, wie charmant dieser kleine Kläffer sein kann!
Einfach war unser Start mit Winnie nicht. Er hatte vor allem, was Geräusche macht oder sich bewegt oder schlimmstenfalls beides tut, große Angst. Auch die beiden Katzen, die zu unserer Familie gehören, ließen ihn regelmäßig zur Salzsäule erstarren. (Dies ist bis heute so geblieben. Es macht unserem Kater, der nur unwesentlich kleiner ist als Winnie, sichtlich Spaß, an diesem vorbei zu streichen, Köpfchen zu geben, sich vor ihm nieder zu lassen und arrogant an ihm hoch zu schauen, während Winnie verzweifelt versucht, sich unsichtbar zu machen.)
Im Grunde genommen haben wir das Modell „zwei-in-einem-Hund“ bekommen. Der eine, der einmal von der Leine gelassen wie ein kleiner Derwisch durch die Gegend rennt, durch Tunnel läuft, die den meisten Hunden zu lang und zu dunkel sind. Der auf jeden fremden Hund zu läuft und ihn – ohne sich mit langen Höflichkeitsfloskeln aufzuhalten – besteigt oder anspringt, weil man so am schnellsten ins Gespräch, bzw. in Bewegung kommt. Das Modell „kleiner Quirl“, der mit großer Leidenschaft jedes neu angeschaffte Spielzeug bis zum Schleudertrauma schüttelt, es stolz durch die Gegend trägt um es dann in einem unbeobachteten Moment einfach irgendwo liegen zu lassen.
Tja und dann der andere, der im Haus immer angespannt wirkt, bei jedem plötzlichen Geräusch oder jeder unvorhergesehenen Bewegung aufschreckt und niemals auf die Idee käme, sich auf den Rücken zu legen, um sich den Bauch kraulen zu lassen.
Obwohl Winnie bald 10 Jahre alt wird und bereits seit 4 Jahren zu unserer Familie gehört, fühlt er sich nach wie vor ganz schnell „bedroht“. Er betritt in seinem Zuhause freiwillig außer dem Flur nur 2 von 8 Zimmern. Es kommt immer wieder vor, dass er nicht aus dem Haus in den Garten geht oder umgekehrt, weil ihn irgendetwas verunsichert.
Es kann sich außer mir niemand in und um unser Haus bewegen, ohne dass dies von unserem kleinen Terroristen mit hysterischem Gekläffe und bösem Knurren kommentiert wird.
Aber grundsätzlich ist Winnie vermutlich wie die meisten Mudis ein liebenswerter, lustiger, treuer, charmanter Kläffer, der seinen festen Platz bei uns hat und von allen geliebt wird, auch von denen die er regelmäßig auf dem morgendlichen Weg ins Bad versucht zu stellen und in die Wade zu beißen.
Ein Highlight in Winnies, Tequilas und meinem Leben sind die jährlichen Urlaube mit einer Freundin und deren Hund ans Meer nach Zeeland. Ihn in diesem Ambiente zu erleben ist eine echte Wonne! Er lässt sich die Dünen runterrollen, tobt am Strand rum, versucht die Bälle, die soooo schnell die Dünen runter rollen, rechtzeitig zu stoppen und wenn es dann reicht, gräbt er sich eine Kuhle, legt sich rein und macht Siesta.
Winnie ist übrigens tatsächlich ein traumhafter Zweithund geworden, der sich deutlich an seiner großen Freundin orientiert und von ihr geliebt wird. Na ja, meistens jedenfalls. Ich hoffe, dass mir die beiden noch lange Zeit genau in dieser Konstellation erhalten bleiben. (Mein Beuteschema habe ich tatsächlich zu Gunsten einer ganz bestimmten Hunderasse leicht modifiziert!)
Steckbrief
Name: Winnie
Geboren: 10.10.2003 in Sopron
wohnt in: Köln
bei: Bärbel Grothaus