Auf den Spuren der ungarischen Hirtenhunde
Der Autor des folgenden Artikels, Árkosi József, ist seit langem ein Kenner und Liebhaber der ungarischen Rassen. In seinem Buch „Ungarische Hirtenhunde“ beschreibt er die Geschichte und die Entwicklung der 5 ungarischen Hirtenhunde.
Àrkosi ist unter anderem Mitorganisator der Vorführgruppe des Puli-Pumi-Mudi Klubs in Ungarn, züchtet Mudis, Pumis und Pulis, organisiert Hüteseminare in seinem Landhaus in Ungarn, ist aktiv im Agilitysport, er vertritt Ungarn in der FCI Agility Kommission und war 2002 Mannschaftsführer der ungarischen Nationalmannschaft bei der Agility-Weltmeisterschaft.
Auf den Spuren der ungarischen Hirtenhunde
Es stimmt zwar, dass unsere Vorfahren bereits vor 1000 Jahren die einzelnen Hunderassen unterschieden, aber die heutigen Bezeichnungen erschienen bis zur ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts in einem bunten Durcheinander in der Literatur.
Die Liebhaber und Züchter benennen aufgrund der Beschreibungen – die sich teilweise widersprechen- die Abstammung der einzelnen Hunde.
Die Lage wird dadurch erschwert, dass durch die außergewöhnlich kleine und qualitativ schlechte Anzahl der Abbildungen nicht einmal festgestellt werden kann, welcher Name welchen Phänotyp benennt.
Betrachten wir einmal einige Daten aus der Geschichte unserer Hirtenhunde:
Dr. Pálfavi Sándor hat uns in den 60 er Jahren – sich auf sein in den USA geschriebenen Werk „Der Puli“ beziehend- mit den sumerischen Wurzeln des Puli, des Kuvasz und des Komondors bekannt gemacht. Hammurápi war ein altbabylonischer König. Seine Gesetzt hat er in dem weltberühmten Hammurapi Kodex der Nachwelt hinterlassen. Im folgenden betrachten wir 2 Sätze aus Dr. Sándors Übersetzung: XL II Reihe 63-66 „freigewordene Pferde- Puli hilft mir- sie vernünftig zurückzutreiben… festzuhalten..“ XL III Reihe 51-55: „sag es laut –wiederhole wer du bist – wer du bist……. den Puli werde ich von dir fernhalten……..- wenn deine Sache in Bezug auf mich sauber /ehrlich ist“ Na,, vor lauter Staunen stellt sich zuerst gar nicht die Frage – was machen die oben genannten Zeilen in einem Gesetzesbuch? Im Hammurapi Kodex handelt es sich nach der Übersetzung des Dr. Kmoskó Mihály im XLII. Abschnitt um Schiffbauer und um die Arbeit der Schiffer; und beim XLIII. Abschnitt aber um die Ausgabe der Rinder für die Fuhrwerke und die Methoden der Abrechnung. Kann es eine solche Abweichung zwischen zwei Übersetzungen geben?
Überspringen wir einige Jahrhunderte und betrachten wir einige älteren Beschreibungen des Hütehundes – und ich schreibe absichtlich nicht Puli:
Kissantási Pethe Ferenc beschreibt in seinem 1815 erschienenen “ Természet Historiája/ Geschichte der Natur“ den Pumi folgendermaßen: „ihn gibt es klein, groß und in verschiedenen Farben…- sein Kopf ähnelt am ehesten einem Fuchs…“
Der Text und das beigefügte Bild zeigt eindeutig einen dem Mudi ähnelndem Hund. Bezeichnend sind auch noch andere, damals noch gebräuchliche Bezeichnungen: Der Spicc, Pommer (Pommer Spitz).
Unter der Bezeichnung Pumi ist sicher ein Mudi das Modell des Zeichners gewesen!
Mehely Lajos schrieb auf Anfrage 1901 in Brehms „Tierleben“ folgendes über den Puli: „……..sein Gesicht erinnert an einen Schakal, etwas kräftiger als das eines Fuchses, länglich, nach vorne hin verjüngend und spitz…. Die nah beieinander stehenden Ohren sind groß , am Ansatz breit, nach oben spitz zulaufend, gerade aufgerichtet; hat das Tier aber Angst , ist misstrauisch oder schämt sich, legt es seine Ohren flach nach hinten, wie es die Schakale tun….“
Fußnote: Nicht zu verwechseln ist mit dem Puli der in manchen Gegenden (z.B: im Komitat Zala) den ebenfalls mit dem Schafen gehenden Pumi – der mit seinem größeren und höheren Gebäude, herunterhängenden Ohren, längerer und weicherer Behaarung, schmutzig graubrauner Farbe und seinem zotteligen Gesicht an die seidenfelligen Hunde ( Pinscher?) erinnert…
…sein Fell ist im Gesicht und an der Vorderseite der Läufe kurz, an Stirn , auf dem Kopf und an der Außenseite der Ohren ist es deutlich länger, ….er ähnelt am ehesten dem deutschen Spitz, ist jedoch von kleinerer Gestalt, sein Kopf ist länger und spitzer…
Buzzi Géza Felix 1914 und Lovassy Sándor 1919 haben den Puli als hänge- oder stehohrig beschrieben, aber ebenso den Pumi, wobei Lovassy den Pumi eindeutig als transdanubische Rassevariante abspaltet.
Er bemerkt, das seine Farbe meist taubengrau ist, sein Fell kürzer als das des Puli, seine Läufe jedoch länger.
Vielleicht ist das nach den heutigen Bestimmungen die erste richtige Trennung beider Rassen.
Der mit dem Namen Kuvasz versehene Hund zeigt eventuell die Vorfahren des Pumi
Wie wir sehen, ist der Mudi – zumindest dem Namen nach – immer noch nirgends, nur Méhely erinnert bei der Beschreibung des Pulis in einer Fußnote an einen typvollen Hund –von Toth Mihály, Verwalter in Bugac- genannt „Mudi“ als einer der typvollsten Vertreter seiner Rasse.
Mit der Entwicklung der Kynologie kam auch das Bestreben auf, auf dem Gebiet der Namensgebung der ungarischen Hirtenhunde endlich Ordnung zu schaffen.
Die Katalogisierung ist größtenteils Dr. Emil Raitsits zu verdanken, der endlich Ordnung in die Benennung der vier (!) Rassen brachte.
Nach Raitsits Bestimmungen ist der Kommondor und der Kuvasz ein Hirtenhund, während der Puli und seine transdanubische Variante, der Pumi, Hütehunde sind.
Sein Ziel war, zuerst die genauen äußeren Merkmale und den Rassecharakter genau zu bestimmen, und danach diesen entsprechende Namen zu geben.
Auf die Jahre 1920-1930 können wir die Herausbildung der zu den heute bekannten Namen gehörenden Typen festmachen.
Museumsdirektor Fényes Dezsö hat es als seine Pflicht gesehen, die lebenden ungarischen Werte und Schätze zu bewahren: wenn ihm die intelligenten, spitzohrigen Hütehunde die er in seiner Kindheit viel gesehen hatte nicht so gefallen hätten und er nicht begonnen hätte diese zusammenzusuchen und mit eigenem Zuchtbuch zu züchten, wäre der Mudi vielleicht heute schon ausgestorben – trotz dessen er in seiner ursprünglichen Form viel länger bekannt war, wie wir gesehen haben- nur wurde er mit anderen Namen bedacht
Jetzt schauen wir und mal die von Miskolczi Gáspár 1691 geschriebenen Zeilen an, nachdem der Hirte verpflichtet ist….“mit seiner ganzen Kraft, mit Hilfe seiner Komondorok diese (Herde) zu beschützen…
Es ist also sicher, das der Komondor genannte Hund Herdenschutzaufgaben erfüllte, nur, was nannte man Komondor?
Hanák János hat 1846 unter der Bezeichnung „magyarhoni komondor“ ein dem Kuvasz entsprechenden Hund beschrieben, für dessen Illustration er das Bild aus dem einige Jahre zuvor erschienenen Buch von Treitschke übernahm , der einen“ gubancos magyar juhászkutya (filziger ungarischer Hirtenhund)“ genannten Hund mit Komondor Charakter beschreibt.
( In demselben Buch beschreibt Treitschke auch den Kuvasz unter der Bezeichnung „borzas magyar juhászkutya ( zottiger ungarischer Hirtenhund)“.
Interessanterweise kommt in den Komondorbeschreibungen die Bezeichnung Kuvasz nicht vor, aber bei der Beschreibung des Kuvasz bezieht man sich regelmäßig auf die andere Rasse:
„Ungarischer Komondor, schwanenfarbener- , wolffarbener- , rußfarbener- , roter- Komondor“/ Méhely1901/, “ ungarischer glattköpfiger Komondor“/Monostori 1909/, „Komondor mit welligem Fell /Kerpely/, Komondor mit glattem oder welligem Fell“ /Fényes Dezsö/.
Die Beschreibung der beiden Rassen ändert sich im Laufe der Jahre und der Autoren auf chaotische Art und Weise. Mal ist der langhaarige Komondor der Kleinere und der mit kürzerem, offenerem Fell der Größere, mal umgekehrt.
Wenn wir noch bedenken, das die Forscher wahrscheinlich etliche Male einen mit den Schafen geschorenen oder nach einem Wurf abgehaarten Komondor gesehen haben, ist dieser Zustand verständlich.
Eins ist sicher: schon damals hat man eine von weiß abweichende Farbe als eine Vermischung mit anderen Rassen gesehen.
Zusammenfassend sehen wir, das die geschichtlichen Beschreibungen uns bei der Suche nach den Wurzeln unserer Rassen nach den heutigen Beschreibungen nicht sehr helfen. Mit Sicherheit kann man sagen, das bis ins 19. Jahrhundert die Unterschiede bei den Hütehunden nicht so groß waren wie nach den heutigen Standardbeschreibungen. In seiner natürlichen Umgebung sehen wir heute noch unzählige solcher Hunde arbeiten, die den alten Beschreibungen absolut entsprechen.
Den Komondor und den Kuvasz hat man viel früher gut voneinander getrennt, nur im Bezug auf die Benennung gab es das festgestellte Durcheinander.
Àrkosi József
Übersetzung: Gabriella Buza-Kiss